Die Fahrt auf der schönsten PostAuto – Strecke der Schweiz

Zernez-Ofenpass-Müstair-Glurns-mals/Malles-Reschenpass-Pfunds

Von Zernez führt eine wunderschöne PostAuto-Linie hinauf in Richtung Ofenpass. Dabei wird die malerische Gegend des Nationalparkes durchfahren bevor es hinunter in das Val Müstair geht. Durch die engen Dorfkerne des Münstertals zwängt sich das PostAuto bis an die italienische Grenze. Weiter führt die Fahrt durch die kleinste Stadt des Südtirols bevor die Linie am Bahnhof von Mals/Malles endet. Dort beginnt eine weitere Linie über den Reschenpass, am bekannten Kirchturm von Graun vorbei. Nach der Überfahrt nach Österreich endet die Linie bei der Kajetansbrücke von Pfunds, wo Anschluss für die Weiterfahrt nach Scuol - Zernez besteht.

Es ist noch dunkel als der erste Kurs Zernez um 07.15 Uhr an diesem wolkenlosen Herbsttag verlässt
Es ist noch dunkel als der erste Kurs Zernez um 07.15 Uhr an diesem wolkenlosen Herbsttag verlässt

90.811, Zernez-Müstair-Mals/Malles

Ausgangspunkt einer der schönsten PostAuto-Linie ist das Tor zum Nationalpark. Beim 2011 komplett umgebauten Bahnhof von Zernez wartet direkt neben den Gleisen der RhB die PostAutos der Firma Terretaz auf die Fahrgäste. Das Unternehmen ist seit 2001 für den Betrieb auf der Ofenpasslinie zuständig. Die grenzüberschreitende Linie hat mit den gut 50 Kilometern eine beachtliche Länge, was auch den Einsatz von komfortablen Hochflur Fahrzeugen mit genügend Gepäckstauraum rechtfertigt. 

Das Dorfbild von Zernez ist nicht typisch Engadin
Das Dorfbild von Zernez ist nicht typisch Engadin

Trotz eines ganzjährigen Stundentakts gehören Zusatzwagen bei schönem Wetter zur Tagesordnung, um alle Wanderer, Biker und Touristen befördern zu können. Nachdem der Anschluss vom Regionalzug aus Scuol abgenommen wurde, kann die rund 1 1/2 stündige Reise beginnen. So lässt das Fahrzeug der Post den Bahnhof hinter sich und schleicht sich gemächlich durch den Dorfkern. Dieser unterscheidet sich markant von den übrigen Engadiner Dörfern. Anstelle von stattlichen Engadiner Bauernhäuser ist das Ortsbild von spätklassizischen Bauten geprägt.

Der Setra S 415 H fährt gerade am neuen Nationalparkzentrum vorbei
Der Setra S 415 H fährt gerade am neuen Nationalparkzentrum vorbei

Grund dafür ist ein grosser Dorfbrand, der 1872 ganze 117 von 157 Häuser zerstörte. Mitten im Dorf zweigt die Strasse zum Ofenpass rechts ab. Kurz darauf passiert das PostAuto einen markanten Neubau aus Leichtbeton. Dieser bildet seit 2008 das Besucherzentrum des Schweizerischen Nationalparks. Das alte Nationalparkhaus, welches dazumal noch im typischen Engadiner Styl erbaut wurde, befindet sich direkt bei der Haltestelle Centre Parc Naziunal und dient heute als Gemeindehaus von Zernez. Nun lässt das Auto da Posta, wie es auf rätoromanisch so schön heisst, 

Im Hintergrund ist der Eingang zum Nationalpark zu erkennen
Im Hintergrund ist der Eingang zum Nationalpark zu erkennen

die Zivilisation hinter sich und rollt die Passstrasse hinauf. Auf dem ersten Abschnitt wird die einzige direkte Verbindung ist Val Müstair immer wieder von Galerien vor Steinschlägen und Lawinen geschützt. Wenig später wird dann der Blick frei und es ergibt sich in Fahrtrichtung rechts einen imposanten Einblick auf die schier senkrecht abfallende Spölschlucht. So schmiegt sich die Strasse an den schroffen Felswänden entlang zum Hochplateau von Ova Spin. Zuäusserst auf einer Felskuppel sticht hier ein knall oranges Gebäude hervor. Es diente beim Bau der mächtigen Bogenstaumauer, 

Champlönch P1 ist der erste Halt im Nationalpark
Champlönch P1 ist der erste Halt im Nationalpark

welche das Wasser der Spöl an der Grenze zu Italien zurück staut, als Spital und ist heute im Privatbesitz. Vorbei an malerischen Arvenwäldern erreicht das PostAuto die Haltestelle Ova Spin. Nun windet sich die Passstrasse einige Meter hinunter nach Champlönch. Hier beginnt der Schweizerische Nationalpark. Dieser wurde vor über 100 Jahren gegründet und schützt die einzigartige Wildnislandschaft mit der einmaligen Tier- und Pflanzenwelt in den Engadiner Dolomiten. Ein rund 80 Kilometer grosses Wanderwegnetz lädt im Sommer zur Erkundung ein. 

Ein Setra S 415 H der neusten Generation unterwegs in Vallun Chaflou P3
Ein Setra S 415 H der neusten Generation unterwegs in Vallun Chaflou P3

So verlassen hier etliche Wanderer und Familien das Fahrzeug, und nehmen den gut einstündigen Fussmarsch hoch zur Alp Grimels, einem malerischen Flecken mit vielen Murmeltieren unter die Füsse. Doch auch die Passstrasse führt durch diese bezaubernde Landschaft des Parc Naziunal und schlängelt sich nach Vallun Chaflou, Ausgangspunkt zur Wanderung hinauf zur Clozza Hütte. Die Route führt nun an exponierter Lage an der steil abfallenden Felswand entlang nach Punkt la Drossa. Dieser spektakuläre Abschnitt spielte bereits im ersten Weltkrieg eine wichtige Rolle.

In Punt la Drossa zweigt die Strasse (hier rechts) nach Livigno ab
In Punt la Drossa zweigt die Strasse (hier rechts) nach Livigno ab

Denn im Falle eines Angriffes der italienischen Truppen konnte der Verkehrsweg mittels in der Strasse eingebautem Sprengstoffs innert Sekunden unpassierbar gemacht werden. Zum guten Glück trat dieses Szenario nie in Kraft. Jedoch schlummerte der Stoff noch jahrelang völlig unbeachtet in der Strasse bevor er vor einiger Zeit ans Tageslicht gebracht und vernichtet wurde. Kurze Zeit später ist das Zollgebäude von Punt la Drossa in Sicht. Bei den grosszügigen Warteräumen auf der Spölbrücke werden jene Fahrzeuge zurück gestaut, welche durch den einspurigen Munt la Schera Tunnel 

Der vom Ofenpass herkommende Mittagskurs erreicht Il Fuorn
Der vom Ofenpass herkommende Mittagskurs erreicht Il Fuorn

ins zollfreie Livigno wollen (90.815). Bei grossem Verkehrsaufkommen, insbesondere an Samstagen in der Wintersaison, reichen diese nicht aus, und so werden die Autos schon weiterunten aufgehalten um einen kompletten Verkehrskollaps zu verhindern. Ohne viel Zeit zu verlieren braust das PostAuto am Grenzübergang vorbei weiter bergwärts. Der nächste Halt befindet sich in Il Fuorn, einem beliebten Ausgangspunkt von zahlreichen Wanderungen sowie Standort des einzigen Hotels im Nationalpark.  Das Hotel Parc Naziunal Il Fourn wurde vor über 100 Jahren erbaut, 

Die Mercedes Intergo Fahrzeuge prägten während eines Jahrzehnt das Bild am Ofenpass. 2022 wurden dann die letzten Busse ausgemustert.
Die Mercedes Intergo Fahrzeuge prägten während eines Jahrzehnt das Bild am Ofenpass. 2022 wurden dann die letzten Busse ausgemustert.

also noch vor der Gründung des Parkes und so bildet es ein beliebter Ferienort für Naturbegeisterte. In den Abendstunden kann man vom Hotelzimmer aus das nur wenige Meter entfernte Wild beim Grasen beobachten. Ein einzigartiges Erlebnis. Nun folgt einer der schönsten Abschnitte, die Strasse führt mitten durch die Arvenwälder. Insbesondere im Herbst, wenn sich die Nadeln goldig färben, kommt man sich wie in einer Märchenlandschaft vor. Über Stabelchod gelangt der Linienbus nach Buffalora. Bei dieser Alpsiedlung, wo im Winter Temperaturen von bis zu -30 °C gemessen werden, 

Geschafft, die Passhöhe ist bezwungen
Geschafft, die Passhöhe ist bezwungen

wird der Schweizerische Nationalpark schon wieder verlassen. An der wunderschönen Szenerie ändert sich jedoch wenig und so kämpft sich der Bus die letzten Meter hinauf nach Süsom Givé. Der Ofenpass hat seinen Namen von früheren Öfen, wo einst Eisenerze aus den umliegenden Bergwerken verarbeitet wurden. Unweit der Strasse sind deren Reste und Ruinen in Form von Hochöfen noch zu erkennen. Der Bedarf an Holz war für diese Verbrennung enorm, weshalb zahlreiche Wälder im Gebiet komplett abgeholzt wurden. Nach rund 30 Minuten trifft das PostAuto auf der 2`149 Meter hohen Passhöhe ein.

Das PostAuto hat die drei Haarnadelkurven hinter sich gelassen
Das PostAuto hat die drei Haarnadelkurven hinter sich gelassen

Da die Ofenpasslinie in erster Linie eine Verbindungsfunktion zwischen dem Engadin und dem Münstertal  hat, wird auf einen Aufenthalt verzichtet. So nimmt der Bus ohne viel Zeit zu verlieren die Talfahrt ins Münstertal in Angriff. Mit einer weiten Kehre lässt der Linienbus Süsom Givè hinter sich und die Route führt hinunter zur Abzweigung Minschuns. Eine steile Zubringerstrasse führt von hier hinauf zu einem kleinen aber feinen Skigebiet. Nun muss eine beträchtliche Höhendifferenz hinunter zur Ebene von Multetta bewältigt werden, dies geschieht mit drei Haarnadelkurven. 

Der Setra S 415 H unterwegs als Beiwagen in Tschierv Plaz
Der Setra S 415 H unterwegs als Beiwagen in Tschierv Plaz

Dies ist auch der einzige Abschnitt, wo das Posthorn regelmässig zum Einsatz kommt. Unten angekommen prägt wiederum ein dichter Nadelwald die Landschaft. Die erste Ortschaft im Val Müstair ist Tschierv, Heimatort des Langläufers und Olympiasiegers Dario Cologna. Das eigentliche Zentrum liegt bei der Biosfera. Insgesamt wird das langgezogene Dorf, dessen Name übersetzt soviel wie Hirsch heisst, mit insgesamt vier Haltestellen bedient. So führt die Reise weiter talauswärts in Richtung Osten. Vor Fuldera wird die Hauptstrasse verlassen, um den Dorfkern zu erschliessen. 

Ortsdurchfahrt in Fuldera, zum Glück ist der enge Dorfkern durch einer Umfahrungsstrasse entlastet
Ortsdurchfahrt in Fuldera, zum Glück ist der enge Dorfkern durch einer Umfahrungsstrasse entlastet

So biegt das PostAuto auf die schmale Nebenstrasse ab, welche sich an den engen Häuserreihen hindurch zur Station Cumün führt. Vor dem ehemaligen Gemeindehaus besteht Anschluss ins sonnenverwöhnte Lü, welches oben am Berghang thront. (90.832) In der Wandersaison besteht zudem einmal am Tag ein Anschluss ins abgelegene Val Vau (90.831), dem Ausgangspunkt von zahlreichen Wanderungen. Nachdem die Gäste umgestiegen sind, mündet das Fahrzeug wieder in die Ofenpassstrasse und rollt weiter nach Valchava. Auch hier sieht der Fahrplan einen Umweg durch den Dorfkern vor. 

Die Ortdurchfahrt von Sta. Maria Val Müstair ist jedes Mal ein Spektakel
Die Ortdurchfahrt von Sta. Maria Val Müstair ist jedes Mal ein Spektakel

Vorbei an der aus dem Jahre 1460 stammende spätgotischen Dorfkirche geht es zurück auf die Hauptstrasse und in zügigem Tempo zur Schule von Sta. Maria. Hier gehen die gesamten Schüler aus dem Val Müstair in die Scoula. Kurz darauf verengt sich die Strasse. Der gesamte Verkehr muss sich durch den engen Dorfkern von Sta. Maria zwängen. Da bleiben zwischen den Hauswänden und dem Rückspiegel nicht mehr viel Platz. Mitten im Dorf, wo ein Kreuzen kurzzeitig möglich ist, befindet sich die Haltestelle Cumün. Hier biegt auch die Strasse  Richtung Umbrailpass-Stilfserjoch ab. (90.821)

Auch in Müstair bleibt nicht viel Platz um mit entgegenkommenden Fahrzeugen zu kreuzen
Auch in Müstair bleibt nicht viel Platz um mit entgegenkommenden Fahrzeugen zu kreuzen

Nach einer kurzen Pause sucht sich das PostAuto weiter den Weg durch den Dorfkern nach Sielva., wo sich das kleinste Spital der Schweiz befindet, welches jedoch für die Region am östlichsten Zipfel der Schweiz eine wichtige Rolle spielt. Darauf folgt auch gleich das nächste und letzte Dorf im Münstertal, welches auf eidgenössischem Boden steht, Müstair. Auch hier zwängt sich der Linienbus durch die enge Ortschaft zum Kloster. Wenigstens gibt es hier seit dem Sommer 2020 eine Umfahrungstrasse, welche den Dorfkern vom Transitverkehr entlastet. 

Das Kloster Son Jon gehört seit 1982 zum UNESCO Weltkulturerbe
Das Kloster Son Jon gehört seit 1982 zum UNESCO Weltkulturerbe

Das gut erhaltene mittelalterliche Kloster Son Jon mit seinen Jahrhunderten alten karolingischen Fresken wurde 1982 von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Hinter den geschichtsträchtigen Mauern lebt nach wie vor eine Klostergemeinschaft von elf Benediktinerinnen, welche dieses Kulturgut pflegen und mit Leben füllen. Hautnah erlebbar wird der klösterliche Alltag bei einem Besuch im Klostermuseum oder auf den täglich stattfindenden Führungen. Doch zurück zur Reise. Das PostAuto fährt derweil weiter bis zur Haltestelle Cunfin, was übersetzt so viel wie Zoll bedeutet.

Das Stamfahrzeug der Ofenpasslinie, ein S 415 H, überfährt gerade die Grenze
Das Stamfahrzeug der Ofenpasslinie, ein S 415 H, überfährt gerade die Grenze

Hier wird die östlichste Ortschaft der Schweiz und somit auch die Eidgenossenschaft hinter einem gelassen und die Räder des Linienbus rollen nun auf italienischem Staatsgebiet weiter talauswärts. Nebst der Staatsgrenze verläuft hier auch die Sprachgrenze. Während im Müstertal noch das Rätoromanische Idiom Vallader gesprochen wurde, wird auf der anderen Seit der Grenze Deutsch gesprochen. Der Vinschgauer Dialekt ist jedoch ein einzigartiges Gemisch aus den drei Sprachregionen Schweiz, Österreich und Italien und für Auswärtige nicht ganz einfach zu verstehen.

Im herrlichen Abendlicht präsentiert sich das Taufenertor
Im herrlichen Abendlicht präsentiert sich das Taufenertor

Die Strasse sucht sich derweil den Weg durch die Ortschaft Taufers.  Kurze Zeit später ziehen am Fenster grosszügige grüne Felder vorbei mit den für das Vinschgau berühmten Apfelplantagen. Nun nähert sich das Fahrzeug bereits Glurns, der kleinsten Stadt Südtirols und einer von nur acht Städten im Südtirol. Bereits 1304 wurde dem architektonisches Juwel mit der durchgehenden Ringmauer und den Wehrtürmen das Stadtrecht verliehen. Heute leben rund 900 Einwohner in der Kleinstadt, welche mit den verwinkelten Gassen und den herrlichen Lauben jährlich viele Touristen anzieht.  

Geschafft, nach dem letzten Hinderniss ist der Weg frei
Geschafft, nach dem letzten Hinderniss ist der Weg frei

Glurns war schon in der Römerzeit ein Verkehrsknotenpunkt, auch heute muss sich der ganze Verkehr in Richtung Mals durch den engen Stadtkern zwängen. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Endpunkt der Linie 811. Doch zuvor muss noch ein letztes Hindernis passiert werden, das Mallser Tor. Hier bleiben zwischen den Rückspiegel und dem Torrahmen einmal mehr nur noch wenige Zentimeter Platz und vom Chauffeur ist nochmals volle Konzentration gefordert. Aussen an der Stadtmauer erinnert noch eine Linie an den über 2 Meter hohen Wasserstand, welcher das Hochwasser vom Jahre 1855 erreichte. 

Der Setra S 415 H auf dem Weg nach Mals
Der Setra S 415 H auf dem Weg nach Mals

Nachdem dieses letzte Hindernis passiert wurde, ist die Strasse frei und es geht rasant hinauf zum höhergelegenen Dorf Mals. Auch hier ist die Landschaft nach wie vor vom Obstanbau geprägt, der den wichtigsten Wirtschaftsfaktor der Region darstellt. Besonders im Frühling, wenn die Apfelbäume in Blüte stehen, zeigt sich die Natur von der schönsten Seite. Die auf einer Höhe von 1050 Meter liegende Ortschaft zählt zu den sonnigsten Orten des Südtirols. Auf einen Umweg durch den Dorfkern wird verzichtet und so geht es direkt in Richtung Stazione. 

Endstation Mals Bahnhof, Malles Stazione
Endstation Mals Bahnhof, Malles Stazione

Auf dem grossen Bahnhofsplatz von Mals endet dann schliesslich einer der schönsten PostAuto-Linie. Die meisten Fahrgäste nutzen die teilweise schlanken Anschlusszeiten an die modernen Zugskompositionen der Vinschgauerbahn (250). Diese erwachte im Jahre 2005 aus dem Dornröschenschlaf und wurde erfolgreich reaktivierte. Seither bringt sie Einheimische wie auch Touristen schnell und zuverlässig durch die herrliche Landschaft des grössten Apfelanbaugebietes von Italien hinunter nach Meran, einer Stadt wo Alpenflair und Dolce Vita ineinander verschmelzen.

Der Bahnhof von Mals bildet der gemeinsame Knotenpunkt von Busbetrieben aus drei Ländern und der Vinschgauerbahn
Der Bahnhof von Mals bildet der gemeinsame Knotenpunkt von Busbetrieben aus drei Ländern und der Vinschgauerbahn

91.273, Mals/Malles-Nauders-Pfunds

Auf den Fahrplanwechsel 2023 wurde die Linie über den Reschenpass bis ins Österreichische Landeck verlängert. Damit ging für viele Vinschgauer Pendler der lang gehegte Wunsch einer schnellen und umsteigefreien Verbindung ins Oberinntal in Erfüllung. 14 Mal täglich nimmt der Hochflurbus, welcher durch die Tiroler Linien Bus GmbH betrieben wird, die 75 Kilometer lange Strecke in Angriff. Die Länder Tirol und Südtirol decken jeweils zur Hälfte die Kosten für die neue internationale Buslinie, wobei der VVT (Verkehrsverbund Tirol) die Linie betreibt.

Der erste Halt befintet sich oberhalb von Mals
Der erste Halt befintet sich oberhalb von Mals

Daneben ist die Strecke auch ins Südtiroler sowie ins Schweizer Tarifsystem integriert - heisst sämtliche Schweizer Pauschalfahrausweise wie GA, Tageskarten sind gültig. Sobald der Anschuss von der Vinschgauerbahn abgenommen wurde, verlassen die österreichischen Busse den Kontenpunkt Mals in Richtung Reschen. Der erste Halt findet am oberen Ende der Marktgemeinde mit den sieben Kirchtürmen statt. Auf eine Dorfdurchfahrt wird verzichtet, hierfür ist der kleine und viel wendigere Citybus zuständig und so entscheidet sich die Linie 273 für die breite Umfahrungsstrasse. 

Eine herrliche grüne Landschaft zieht am Fenster vorbei
Eine herrliche grüne Landschaft zieht am Fenster vorbei

Nach Stichfahrt zum Haltestellenhäuschen geht es zurück und auf der Passstrasse weiter bergwärts. Kurze Zeit später wird diese erneut verlassen um Burgeis zu erschliessen, wenn auch nur mit einem Halt am Dorfrand. Über der Ortschaft thront erhaben das Kloster Marienberg. Es ist das höchstgelegene Benediktiner Kloster von Europa. Mit grosszügigen Kurven windet sich die stetig ansteigende Strasse im Anschluss durch die weiten Weidelandschaften in Richtung St. Valentin. Dabei ergibt sich ein wunderbarer Ausblick hinunter in das Vinschgau, das grösste Apfelanbaugebiet von Europa.

Der Weiler Fischerhäusern ist erreicht
Der Weiler Fischerhäusern ist erreicht

Der Reschenpass bildet seit jeher eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen über die Alpen. Schon in keltischer Zeit verband er als Saumpfad das Oberinntal mit dem Vinschgau. Heute ist die Passstrasse durchgehend auf zwei Spuren ausgebaut und wird täglich von über 50`000 Fahrzeugen befahren. Doch zurück zur Reise. Mit der Ankunft im Weiler Fischerhäusern hat der Linienbus die erste Talstufe erreicht. Die Strasse schlängelt sich nun am Ufer des Haidersees entlang, dem einzigen natürlichen See am Reschenpass. Dieser bildet ein begehrter Rast- und Brutplatz zahlreicher Wasservögel.

Der Linienbus unterwegs am Haidersee
Der Linienbus unterwegs am Haidersee

Das 89 Hektar grosse Gewässer zieht im Sommer auch viele Segler und Kitesurfer an. Der Linienbus rollt derweil am Ufer entlang ins Nachbarsdorf St. Valentin. Die Ortschaft ist geprägt von vielen Hotels und Pensionen. Nun führt die Reise weiter bergwärts zum nächsten See - dem Reschensee. Die Route führt an exponierte Lage am rechten Ufer des Sees entlang. Nachdem es in der Vergangenheit trotz zahlreichen Galerien immer wieder zu Steinschlägen und Hangrutschen kam, beschloss die Provinz Südtirol die Passstrasse rund 50 Meter Richtung See zu verlegen. 

Auf der anderen Seite des Tunnels wartet das Highlight der Reschenpasslinie
Auf der anderen Seite des Tunnels wartet das Highlight der Reschenpasslinie

Dazu wird in den nächsten Jahren ein 30`000 Kubikmeter grosser Damm errichtet, auf dem die neue Strasse 2026 eröffnet werden soll. Bis dahin braust der Linienbus durch die in die Jahre gekommenen Betongalerien am See entlang in den Ortskern von Graun. Die oberste Gemeinde des Etschtals ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt für den aus dem Reschensee aufragenden Glockenturm. Dieser kommt direkt nach der kurzen Tunneldurchfahrt auf der linken Seite zum Vorschein. Dieses bekannte Fotosujet hat jedoch eine traurige Geschichte. 

Der Kirchturm von Grau ist gut zu erkennen
Der Kirchturm von Grau ist gut zu erkennen

Denn hier, wo der Turm aus dem Wasser ragt, stand einst das eigentliche Dorf Graun. Im Jahre 1950 wurde beschlossen, einen Staudamm zu errichten und die Ortschaft mit den 163 Gebäuden abzureisen und gegen den Willen der Einwohner zu fluten. Einzig der Kirchturm wurde stehen gelassen und erinnert heute noch an das versunkene Dorf. Am Ende des Stausees liegt die letzte Ortschaft auf italienischem Boden - Reschen. Für das Dorf mit 900 Einwohnern spielt der Tourismus mit dem Skigebiet Schöneben im Winter, und den zahlreichen Wander- und Bike Möglichkeiten im Sommer eine grosse Rolle.

Der Nachmittagskurs hat soeben die Grenze überquert
Der Nachmittagskurs hat soeben die Grenze überquert

Wenig später passiert der Bus die 1`507 Meter hohe Passhöhe. Hier oben entspringt die Etsch, welche als zweitlängster Fluss von Italien bis ins Mittelmeer fliesst. Die Staatsgrenze zu Österreich befindet sich jedoch nicht auf dem höchsten Punkt, sondern erst rund zwei Kilometer weiter nördlich. Nach dem der Grenzübergang hinter einem liegt, rollt der gelbe Bus rasant an der Bergkastelbahn vorbei nach Nauders. Bis 2023 verkehrte die Linie 273 von hier direkt über die steile Serpentinenstrasse nach Martina hinunter. Mit der Einführung des neuen internationalen Schnellbuskonzepts verkehren die Busse nun direkt weiter nach Landeck.

Die Haltestelle Pfunds, Kajetansbrücke wurde auf die Inbetriebnahme des neuen Fahrplankonzepts zum Umstiegsknotenpunkt ausgebaut
Die Haltestelle Pfunds, Kajetansbrücke wurde auf die Inbetriebnahme des neuen Fahrplankonzepts zum Umstiegsknotenpunkt ausgebaut

Reisende in Richtung Scuol müssen nun via Pfunds, Kajetansbrücke reisen. Nach einer kurzen Stichfahrt zur Haltestelle Nauders, Mühle kann der Bus zurück auf der Hauptstrasse die eigentliche Talfahrt in Angriff nehmen. So führt die Fahrt auf der gut ausgebauten Strasse zum Finstermünz hinunter. Bei jener Engstelle wurde 1834 die Festung Nauders erstellt, welche heute besichtigt werden kann. Die Route schmiegt sich weiter am rechten Berghang entlang bis zur 350 Meter tieferliegenden Kajetansbrücke. Während der österreichische Bus anschliessend weiter nach Landeck (273) fährt, besteht für Reisende in Richtung Martina - Scuol Anschluss auf die PostAuto-Linie 90.921.

Weiterführende Linien ab pfunds, Kajetansbrücke:

90.921, Pfunds, Kajetansbrücke – Martina - Scuol Staziun

90.921, Pfunds, Kajetansbrücke – Samnaun

91.273, Pfunds, Kajetansbrücke – Landeck (A)


Last Update: 12.12.2023
Letzte Reise: 10.12.2023